Interview mit den Standortleitern des CZS Center QPhoton

Das CZS Center QPhoton ist das erste überregionale Zentrum für Quantenphotonik und bündelt die jeweiligen Stärken der drei Universitäten Jena, Ulm und Stuttgart in den Quantentechnologien mit Atomen, Festkörpern, supraleitenden Materialien und Photonen. Im Interview mit den drei Standortleitern Prof. Dr. Tilman Pfau, Prof. Dr. Andreas Tünnermann und Prof. Dr. Joachim Ankerhold geht es um Chancen der Quantenphotonik, die Synergieeffekte des Zentrums sowie die Vorteile für junge Wissenschaftler:innen.

Organisation:Universitäten Jena, Ulm und Stuttgart
Fachgebiet:Quantenwissenschaften und Photonik
Themenschwerpunkte:Künstliche Intelligenz

Warum ist Quantenphotonik so wichtig?

Prof. Dr. Tilman Pfau, Standortleiter Stuttgart:  Lichtquanten sind Informationsträger. In der Mikroskopie enthalten sie Bildinformation, in der Kommunikation wird die Information oft in zeitlicher Abfolge von Pulsen übertragen. Optimierte quantenoptische Methoden können diese Informationsübertragung und -Gewinnung verbessern. Dabei spielen oft quantenmechanische Verschränkung von Photonen und die damit zusammenhängenden Quantenkorrelationen eine entscheidende Rolle. Im Informationszeitalter ist es also wichtig die Quantenphysik  in der Photonik nicht als Begrenzung durch Unschärfen sondern als Optimierungspotenzial zu begreifen und voranzubringen. Daher ist die Erforschung der Grundlagen und die Anwendung von Quantenphotonik entscheidend für die Informationsgesellschaft der Zukunft.

Welchen Beitrag leisten Quantentechnologien für Quanten-Bildgebungsverfahren?

Um quantenmechanische Bits auszulesen werden meist optische Methoden eingesetzt. Die Güte zu verbessern bzw. Fehlerraten zu reduzieren ist eine Aufgabe in Quantenbildgebungsverfahren. Aber auch andere photoempfindliche Objekte können z.B. durch verschränkte Photonenpaare in unterschiedlichen Spektralbereichen zerstörungsfreier nachgewiesen werden.

Im Informationszeitalter ist es wichtig die Quantenphysik in der Photonik nicht als Begrenzung durch Unschärfen sondern als Optimierungspotenzial zu begreifen und voranzubringen.
Prof. Dr. Tilman Pfau
Standortleiter CZS Center QPhoton Jena

Welchen Mehrwert generiert die Vernetzung in einem Zentrum?

Prof. Dr. Andreas Tünnermann, Standortleiter CZS Center QPhoton Jena: Durch die Verbindung der quantenoptischen Kompetenzen am Standort Jena mit denen in Quantensystemen in Stuttgart und Ulm können diese zwei Bereiche der Quantentechnologien erstmals niederschwellig zusammengebracht werden. So können beispielsweise quantenoptische Messverfahren und Quellen genutzt werden, um Quantensysteme zu präparieren oder zu untersuchen. Nicht zuletzt fördert die Vernetzung darüber hinaus den Austausch von Ideen, Studenten und Lehrmitteln zwischen den zwei sehr unterschiedlichen, aber doch im Kern grundlegend komplementären quantenphysikalischen Ökosystemen. 

Welchen Beitrag leistet die Informationsverarbeitung für Quantentechnologien?

Die präzise Kontrolle von Quanten ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite besteht in der Kunst, durch geschickt gewählte und zum Teil sequenzielle Manipulation und letztendlich durch die Messung von Quantenzuständen die Eigenheiten der Quantenmechanik für neue Lösungen nutzbar zu machen. Einerseits kann so die Quanteninformationsverarbeitung genutzt werden, um bestimmte Rechenaufgaben zu meistern bei denen selbst Hochleistungscomputer scheitern oder deutlich langsamer sind. Andererseits geht es darum, auf neuartige Weise an Informationen von Systemen zu gelangen, die mit klassischen Ansätzen nicht oder schlechter zugänglich sind.

Die Photonik ist in vielen Bereichen der Wegbereiter der Quantentechnologien der zweiten Generation.
Prof. Dr. Andreas Tünnermann
Standortleiter CZS Center QPhoton Jena

Nachwuchswissenschaftlern können aus einem breiten Angebot an drei Standorten wählen. Welche Vorteile entstehen dadurch?

Prof. Dr. Joachim Ankerhold, Standortleiter CZS Center QPhoton Ulm: Ambitionierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern finden ein akademisches Ökosystem vor, dass in dieser Bandbreite einzigartig ist. Von theoretischen Grundlagen bis zu modernsten Labors experimenteller Forschung, Fabrikation und Integration kann das Zentrum eine interdisziplinär angelegte Ausbildung von einer beeindruckenden Vielfalt und Breite anbieten. Dieses Umfeld besticht Nachwuchskräfte nicht nur aus der Physik, sondern ebenso aus den Ingenieurwissenschaften und der Chemie bis hin zu den Lebenswissenschaften.

Welchen Beitrag liefern Sensortechnologien zur Kontrolle von Quantensystemen?

Quantensysteme, wie sie gegenwärtig schon für Anwendungen z.B. beim Quantencomputing eingesetzt werden, reagieren extrem empfindlich auf äußere Störungen. Allerdings sind ohne Kontrolle und Manipulation keine auf quantenmechanischen Prinzipien basierenden Operationen mit diesen Systemen möglich. Hier setzen neueste und zukünftige Verfahren der Sensorik an: sie greifen in die Quantenmechanik der Systeme nur minimal ein, liefern aber auf der anderen Seite hochpräzise Informationen über deren tatsächliche Quanteneigenschaften und Quantenzustände. Diese Informationen wiederum bilden die Grundlage zur geeigneten Kontrolle, z.B. im Kontext der unabdingbaren Fehlerkorrektur bei Quantencomputern, oder der Optimierung von Materialeigenschaften und Fabrikationsprozessen zum gezielten „Design“ von Quantenzuständen.

Mit Fug und Recht kann man das 20. Jahrhundert als das Jahrhundert des Lichts bezeichnen (...). Die Quantenphotonik hat das Ziel, diese Entwicklungen in neue Dimensionen zu führen.
Prof Dr. Joachim Ankerhold
Standortleiter CZS Center QPhoton Ulm